von GUISEPPE DI PIZZA
Zuletzt war ich am Dienstag in der HRS. Und ich musste bestätigt finden, was sich mir als Verdacht schon seit einiger Zeit aufdrängt, nämlich dass die goldenen Zeiten schon lange vorbei sind. Vorbei die Zeiten, in denen man für einen Euro so viele Couchen mitnahm, wie man tragen konnte. Vorbei aber auch die Zeiten, in denen bei jedem Besuch andere wunderbare Beispiele der Schuhmacherkunst für jeweils etwa 3,50 Euro auf die Mitnahme warteten.
Aber wie kommt das? Waren es etwa wir, die wir mit unserer geschwätzigen Angeberei das Paradies verraten haben? Wir haben in der Tat die Tore des Garten Eden aufgerissen, sperrangelweit, so weit, dass die Mauern jede Bedeutung verloren haben. Es ist soweit, dass sich nun jeder dorthin wagt, und nicht nur die verbotenen Früchte restlos aberntet, sondern auch die Bäume fällt. Vorbei sind die Zeiten, in denen die ungetragenen Bally Belfits "so ungefähr auf 3,50 Euro" taxiert wurden. Mit dem Andrang steigt auch das Bewusstsein der Mitarbeiter darüber, was man sich besser selbst unter den Nagel reissen sollte. Aber wie haben wir den Ozean ausgetrunken? Wer gab uns den Schwamm, den Horizont wegzuwischen? Das problematischste war nicht etwa, die journalistische Dokumentation, die in erster Linie unterhielt, aber keinen Dammbruch auslöste. Das richtige Problem ist es, dass wenn man einen Schatz gehoben hat, man sich hierzulande nicht damit begnügen kann zu erwidern: "Freut mich, dass dir meine Libero Grassettis gefallen, ich bin auch sehr froh damit", sondern dass man meint, noch eines drauf setzen zu müssen, und sich als besonders schlauer Fuchs zu präsentieren, als ausgekochter Hund, der denen da oben in der Modeindustrie mal wieder ein Schnippchen geschlagen hat, und dann nämlich noch Sachen dazusagt wie "Haha, die haben mich nur einen Euro gekostet, und zwar in der HRS! Als Freibierlätschen macht mir nämlich so schnell keiner was vor!".
Wir haben einigen Spaß gehabt. Wir haben in den goldenen Zeiten Kulturschätze von unermesslichem Wert nachgeschmissen bekommen. Das ist nun vorbei, aber anstatt in (berechtigte) Depressionen zu verfallen, sollten wir froh sein, dabei gewesen zu sein, und wenigstens etwas Genugtuung bei dem Gedanken empfinden, dass wir diesen Jungbrunnen zumindest eigenhändig zugeschüttet haben.
Einen Grund weiter hinzugehen, und auf Besserung zu hoffen, sehe ich nicht mehr. Die paar Versace-Tücher, die man bestenfalls noch abgreifen kann rechtfertigen den Weg nicht.
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